Pfarrei Teublitz 017Das Wagnis hat begonnen. Schon viele Jahre habe ich davon geträumt mit Jugendlichen ins Heilige Land zu fahren, um mit ihnen die Schönheit des Landes, den Reichtum der Kulturen, die Wiege meines Glaubens aber auch die Zerrissenheit der hiesigen Gesellschaft zu erleben. Schon 2020 sollte es losgehen: Corona-Stopp. Jetzt endlich konnten wir in das Flugzeug steigen, finanziell unterstützt durch den Freistaat Bayern (Bayerischer Jugendring) und einem kräftigen Zuschuss aus der Ministrantenkasse der Pfarrei Teublitz. Doch mit im Boot bzw. Flugzeug sind nicht nur die 26 Jugendlichen aus und um Teublitz, sondern auch viele Freunde und Partner, welche diese Studienreise mit mir planten und ermöglichten.

Unkalkulierbar aber sind für mich die Erwartungen der Jugendlichen selbst: Warum haben sie sich auf diese Fahrt eingelassen? Was wollen sie im Heiligen Land? – Gut, wir hatten einige virtuelle und auch reale Vorbereitungstreffen. Mit Schwester Gabriela war sogar eine Ordensfrau aus Jerusalem nach Teublitz gekommen, um uns in die drei großen Religionen der heiligen Stadt einzuführen. Aber so ganz steige ich nicht dahinter, wieso sich gerade diese jungen Menschen für diese Studienreise angemeldet haben. Auf jeden Falle eine spannende und bunte Mischung, aus der etwas besonders werden könnte. Das zeigte schon unser letzter Vorbereitungsabend, an dem Arbeit verteilt wurde. Denn die Begegnungen mit Menschen im Heiligen Land gilt es vorzubereiten. Einige erklärten sich bereit Interviewfragen auszuarbeiten, anderen werden jüdische Jugendliche vorstellen, die während des Zweiten Weltkriegs durch die Nazis vernichtet wurden. – „Ein Wagnis also!“, dachte ich mir, als ich im Flugzeug gen Süden saß.


Angekommen im Heiligen Land, war ich sofort wieder in meinem Element. Ich liebe es einfach, Gruppe zu führen und aus deren Leben auf den Glauben und umgekehrt zu schließen. Maroun, unsere Guide kenne ich schon seit langen Jahren. Ich denke, der passt zu uns. Jeden falls ein Reiseführer, von dem ich noch was lernen kann. Und die mich kennen, wissen, wie sehr ich es hasse, wenn ich nichts Neues dazulernen kann, sondern ständig ergänzen muss. Maroun aber passt, auch wenn er jetzt nicht wirklich ein Fußballfan ist
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So kamen wir im Osten Jerusalems an und wurden von den „Weißen Schwestern“ in der Nablus Road herzlich willkommen geheißen. Die Zimmer sind einfach, sauber, passend. Aber das Abendessen im Hotel Jerusalem war der Hammer – das zweite sogar der Oberhammer – aber lasst mich erst mal den ersten Abend beschreiben …

Natürlich machte ich mich mit der Gruppe auf in die nächtliche Altstadt Jerusalems. Den üblichen Crash-Kurs „Orientierung“ haben die Jungs und Mädels gut weg gepackt. Über die verschlossene Grabeskirche ging es an die Klagemauer. Ich liebe einfach den Anblick der Klagemauer bei Nacht. Diese Licht, das überbordende Gebet der orthodoxen Juden und der geschichtsgeschwängerte Anblick jahrtausendalter Steine lösen Dinge in mir aus, die ich hier jetzt nicht beschreiben kann. Für die Jugendlichen war der Anblick der „Western Wall“ einfach begeisternd. Niemand von ihnen hat sie je gesehen oder erleben können. Ich war stolz auf meine Jugendlichen, wie respektvoll sie ihren Fürbittzettel in die Ritzen der Mauern steckten und wie sie den betenden Juden begegnet sind. Ein respektvoller Umgang mit anderen, von dem viele lernen könnten.
Durch die Gassen der Altstadt ging es zurück zum Damaskus-Tor, von dem es nur noch ein paar Meter in Richtung Unterkunft, genauer gesagt, Bett war. – Wie in Stein viel ich in letzteres.

Als ich mir am nächsten Morgen den Rucksack auf die Schulten packte, war mir klar: Dieser Tag wird hart. Denn ich hatte ja jede einzelne Station des Tages schon viele Male durchdacht, meditiert und vor Gott ins Gebet gebracht. Ja, eine ganze Liste an historisch bedeutenden Orten dreier Weltreligionen stand heute auf dem Programm. Das Morgengebet in der Vater-unser-Kirche ließ schon erahnen, dass sich die Jugendlichen auf das hier einlassen werden. Maroun betete das Gebet des Herrn in der Sprache Jesu auf aramäisch. Weiter, etwas gehetzt, ging es den Ölberg hinab. Hier auf einem jüdischen Friedhof eröffnet sich ein wunderschöner Blick auf die Altstadt. 1000 Fotos wurden natürlich gemacht und eine Million Informationen prasselten auf die Jugendlichen ein. Maroun und ich hätten wohl bis zum Abend erklären und erzählen, längs- und quergeschichtliche Fakten verkünpfen und so manche Anekdoten dazu erzählen können. Gut, dass um 10 Uhr die Eucharistiefeier in der Kelter-Grotte von Getsemane auf dem Programm stand. Über Dominus Flevit (nochmals 1000 Fotos) ging es hinab zur „Todesangst-Kirche“, vor der noch uralte Olivenbäume stehen, welche den Hübel gegenüber der Altstadt den Namen geben. Und – oh Wunder – in dieser Kirche waren wir plötzlich ganz alleine. Ich versuchte mit einfachen und kurzen Worten die Angst Jesu zu beschreiben, als er Blut geschwitzt hat. Dann erklang das Lied „Bleibet hier und wachet mit mir!“. Die flehentliche Bitte Jesu an seine Jünger mit ihm in dieser schwere Stunde zu sein.

Dann folgte mein persönliches Highlight des Tages, die Eucharistiefeier in der Gethsemane Grotte. Wunderschön, wie sich die Jugendlichen darauf einließen, mit sangen und mit beteten. Ich denke, die Worte meine Predigt mit dem Mediationsbild waren sehr eindrücklich: Jesus in der Kelter, ich unter Druck! Jesus weiß, wie und wo ich mich ausgepresst vorkomme. Jesus kenne unsere Angst.

Überraschend emotional wurde es für mich in der Kirche der heiligen Anna, der Oma Jesu. Schon beim Hinübergehen lud ich die Jugendlichen ein, an ihre Eltern und Großeltern zu denken und dort in dieser Kirche für sie zu beten. Gemeinsam mit einer Gruppe aus dem Bistum Würzburg sagen wir und genossen die wunderbare Akustik der alten Kreuzfahrerkirche. Ein Gebet für meine Eltern und eine Kerze für sie habe ich angezündet. Maxl und ich stimmte dann noch das spanische Ave Maria an, das erst vor kurze bei Rolands Beerdigung in unserer Teublitzer Kirche erklungen ist. – Wie gesagt: sehr bewegend und unglaublich emotional für mich.

Mit dem Bus (war ich froh, dass wir nicht zu Fuß laufen mussten) ging es zur alten Davidsstadt. Der gute alte König David, der vor 3000 Jahre sich ein großes Reich erobert und ergaunert hatte und der heutzutage so politisch gebraucht und missbraucht wird. Spannend, wie politisch Ausgrabungen sein können. Umso besser tat die Abkühlung – ja Sommer in Jerusalem ist kein Pappenstiel! Wir stiegen hin ab zur Gichon-Quelle und gingen den Hiskija-Tunnel, den gleichnamiger König vor gut 2700 Jahren schlagen ließ. Dann war Mittagspause angesagt.

Auf dem Berg Zion näherten wir uns dem Ursprung der christlichen Gemeinde an. Denn auf diesen Hügel, der zurzeit Jesu innerhalb der Stadtmauern lag, feierte Jesus das Letzte Abendmahl und erschien nach seiner Auferstehung dort seinen Jüngern. Hier gründete sich die erste Gemeinde Jesu Christi und erlebte das Pfingstereignis. Auf dem Zion gibt es eine deutschsprachige Benediktinerabtei, in der ein ganz lieber Mensch wohnt. Pater Matthias, aus der Gebend von OVI stammend, lebt dort seit einigen Jahren als Mönch. Jan und Sophie bereiteten einige Fragen für P. Matthias vor. So erzählte er vom Leben in einem Kloster, von seinem Berufungsweg und der Besonderheit als Christ im Heiligen Land leben zu können. Obwohl die Kirche wie auch das Klostergebäude gerade renoviert werden, lud P. Matthias die Jugendlichen zum Gebet in die Krypta ein, in welcher der Entschlafung Mariens (daher der Name Dormitio) gedacht wird. Es war einfach schön, mit den Jugendlichen zu singen und zu beten: Gegrüßet seist du Maria!

Auf dem Weg vom Zion zurück zeigte sich dann, dass unsere Gruppe schon auch unterschiedlich ist. Ein paar wenige wollten nur noch ins Hotel, doch die meisten zogen mit mir zur Grabeskirche, wo ich ihnen meine kurze Führung gab und manches klären konnte. Richtig stolz aber war ich dann, wie ich erleben durfte, wie „meine“ Jugendlichen sich am Heiligen Grab angestellt, dieses betreten und verehrt haben. Unsere jungen Leute vielen auf, unter den vielen Touristen. Da betraten Menschen respektvoll und im Gebet die heiligste Stätte der Christenheit.

Schließlich drängte die Zeit – und ich hätte noch so viel in der Grabeskirche erzählen können – wir musste zurück zur Unterkunft und auf dem Weg dorthin schafften es Erik und Co endlich ihre Euros in Schekel zu tauschen.
Dann wurde es wohltuend erfrischend: endlich duschen. Wie schon erwähnt, war das Abendessen der Oberhammer … bin gespannt, wie die das morgen noch toppen wollen.

Und ja … wie immer … endete dieser lange anstrengende Tag mit dem Abendgebet in der Hauskapelle der Weißen Schwestern: Diesen Tag Herr, leg ich zurück in deine Hände …

 

 

Teublitz / Jerusalem, 24/25.8.2022